Schwerer Stand für migrationsarme Farben für Lebensmittelverpackungen
Interview: Sicherheit brauchen wir alle
Quelle: hubergroup
verpacken-aktuell.de: Ungeachtet der (teilweise schon länger) gültigen Rechtslage in Europa (der Schweiz) hat sich die Lebensmittelindustrie schwer getan, den migrationsarmen Druckfarben für Verpackungsanwendungen zum Durchbruch zu verhelfen. Wie ist der aktuelle Stand?
Thomas Polster: Es ist nach wie vor so, dass es sehr langsam aber stetig voran geht. Die Hersteller der Verpackungen sind unter enormen Druck geraten, da sie zum Einen die neuen Anforderungen aus der Schweiz etc. einhalten und umsetzen müssen, zum anderen fast keine Möglichkeiten bekommen, ihre gestiegenen Kosten weiterzugeben. Denn die Lebensmittelindustrie möchte, wenn möglich, mit Mehrkosten durch die Verpackung nicht konfrontiert werden. Wir, die hubergroup, können jedoch, aufgrund der eingesetzten Rohstoffe, dem Fertigungsprozess und dem sehr hohen Qualitätslevel, nicht zum gleichen Preis an unsere Drucker verkaufen. Wir bieten ein Höchstmaß an Sicherheit, nicht nur für den Drucker, auch für die Lebensmittelindustrie und letztendlich für uns alle, denn wir sind doch die Verbraucher.
verpacken-aktuell.de: Die hubergroup zählt zu den Vorreitern, die schon vor Jahren viel Entwicklungsarbeit in die Produktpalette der migrationsarmen Farben investiert hat: Zahlt sich das heute aus?
Thomas Polster: Das richtige Know-how zu besitzen und die Kraft und den Willen zu haben, sich auf neue Marktanforderungen einzustellen bzw. diese am besten schon frühzeitig zu erahnen, das zahlt sich immer aus. In CORONA MGA® steckt die Erfahrung aus mehr als sieben Jahren und das machen sich innovative Verpackungsunternehmen zu nutze. Wir haben uns über dieses Thema schon Gedanken gemacht, als noch niemand anderes die Notwendigkeit sah, solche Farben, Lacke und Feuchtmittelzusätze einzusetzen. Schauen Sie sich doch jetzt mal die Entwicklung unserer Wettbewerber an. Fast alle entwickelten in den letzen zwei Jahren Farbsysteme, die in die Richtung Migrationsoptimierung, Migrationsarmut oder Migrationsunbedenklichkeit gehen. Abgesehen davon, dass immer wieder mit den Begrifflichkeiten gespielt wird, ist das, was wir mit und um unsere MGA®-Produkte bieten, immer noch einzigartig im Markt.
Quelle: hubergroup
Die hubergroup wird seit Jahren der Verantwortung gerecht, in dem wir dem Drucker von Lebensmittelverpackungen innovative Produkte, optimierte Prozesse sowie ganzheitliche Lösungen mit MGA®-Produkten bieten. Die Lebensmittelhersteller erhalten mit MGA® mehr Sicherheit für ihre empfindlichen Produkte. Abgesehen von den Rohstoffen, die in MGA®-Farben und -Lacken eingesetzt werden (alle für den Kontakt mit Lebensmitteln bewertet und damit unbedenklich) konnte das alles nur erreicht werden, indem wir für die sensible Produktion von MGA® konsequent die Anforderungen der "Good Manufacturing Practice (GMP)" erfüllen. Das heißt unter anderem separates Produktionsgebäude, durchgängige Optimierung der gesamten Prozesskette, Protokollierung jedes einzelnen Produktschritts, Vermeidung von Kontamination durch konventionelle Farben und Farbbestandteile. Da geben wir unsere Garantie drauf - Charge für Charge.
verpacken-aktuell.de: Welche Weiterentwicklungen sind derzeit in der Pipeline?
Quelle: hubergroup
Thomas Polster: Erst vor kurzem haben wir die MGA®-Farben nochmal hinsichtlich der Verdruckbarkeit und dem Verhalten in der Weiterverarbeitung verbessert.
Unser Anspruch in der hubergroup ist hoch und deshalb arbeiten wir ständig an neuen Produkten, aber auch die schon Bestehenden werden wir weiter verbessern.
Mit Sicherheit bringen wir in den nächsten 12 Monaten noch einiges in den Markt. Einfach überraschen lassen.
verpacken-aktuell.de: Einen Hinweis hätten wir dazu aber doch gern jetzt schon?
Thomas Polster: Das "System MGA®" baut auf komplexer Sicherheit, wie ich schon dargestellt habe. Auch die Nachhaltigkeit und zukunftsorientierte Entwicklungen innerhalb des Systems sind für hubergroup mehr als Lippenbekenntnisse. Wir werden daher das bisher erreichte (die Farbsysteme für den Bogenoffsetdruck) auf Anwendungen für UV- und lösemittel- oder wasserbasierte Farben und Lacke für den Druck von flexiblen Verpackungen ausdehnen.
verpacken-aktuell.de: Was ist notwendig, um den Anteil der migrationsarmen Farben im Verpackungsdruck noch weiter zu steigern?
- müssen sie technisch weiterentwickelt werden oder ist es
- mehr eine Marketing-/Vertriebsarbeit, entsprechende Aufklärung zu betreiben bei den Druckern und deren Kunden?
Thomas Polster: Technisch gibt es immer Kleinigkeiten, die verbessert werden, dafür gibt ein viel zu großes Anwendungsspektrum. Wir arbeiten kontinuierlich an Verbesserungen, aber ohne unsere große Verantwortung aus dem Auge zu lassen. Garantie und Sicherheit gehen immer vor.
Immens wichtig ist die von Ihnen angesprochene Marketing- und Vertriebsarbeit. Da ist das eine oder andere schon auf dem richtigen Weg, aber auch weiterhin viel zu tun. Wir arbeiten kontinuierlich an Konzepten, um Drucker, deren Vertrieb und die Lebensmittelhersteller in unserer INK ACADEMY willkommen heißen zu können und entsprechend zu informieren aber auch zu trainieren.
Entwicklung der Produktion der MGA®-Farben
Innerhalb der Jahre 2006 bis 2010 wurde die Produktionsmenge mehr als verdreifacht, im Jahr 2011 wird die Menge mehr als das Fünffache (bezogen auf 2006) betragen.
Im Jahr 2008 spürte die hubergroup krisenbedingt einen spürbaren Rückgang in Nachfrage und Produktion, der allerdings schon 2009 mehr als ausgeglichen wurde.
verpacken-aktuell.de: "Wo kein Kläger, da kein Richter" - das ist lange Zeit gültig gewesen: Trotz bekannter Migrationsprobleme nimmt die Industrie mit Blick auf Druckfarben das Risiko in Kauf, dass vereinzelte "Problemfälle" bis in die Supermärkte vordringen konnten (mit den bekannten Konsequenzen bis hin zu Rückrufaktionen). Ist die heute gültige Rechtslage derart, dass mit Sanktionen seitens der Gesetzgeber zu rechnen ist, wenn neue Probleme auftauchen? Oder anders gefragt: Ist das Risikobewusstsein in der Lieferkette heute geschärfter?
Thomas Polster: Aus unserem Blickwinkel ist das nicht umfassend zu beantworten aber eines ist sicher: Die letzte rechtliche Konsequenz zum Beispiel analog der Kunststoffrichtlinie und den dort vorgeschriebenen Konformitätserklärungen bis hin zu Positivlisten etc. gibt es für Faltschachteln nicht. In keiner Wirtschaftsregion und in keiner Rechtssprechung. Daher werden auch weiterhin Lücken bestehen. Selbstverständlich gibt es längst verantwortungsbewußte Lebensmittelhersteller, die schon durch die Integration von GMP selbst Untersuchungen vornehmen, um auf der sicheren Seite zu sein. Aber flächendeckend ist das eindeutig nicht der Fall.
Die Problematik zieht ja auch deutlich weitere Kreise: Die Verpackungshersteller, die auf Rohstoffe aus Recyclingprozessen setzen, um Faltschachteln herzustellen, haben mit mehr Problemen als nur den zu verdruckenden Farben zu tun. Da stellt sich dann unter anderem die Frage, wie die heutigen Recyclingprozesse optimiert werden können. Denn es geht bei der Migrationsthematik eben nicht nur um Primärverpackungen oder die sogenannten Food Contact Materials, auch Sekundärverpackungen haben Potenziale, unerwünschte Stoffe in Lebensmittel abzugeben - das ist oftmals eine Frage der Zeit. Die Druckfarbensysteme sind in der gesamten Wertschöpfungskette eben nur ein Faktor, und auch ihre Weiterentwicklung kann nur Teilprobleme lösen.
Daher gilt heute eben immer noch: Wo kein Kläger, da kein Richter. Aber das Bewusstsein der Industriepartner, verantwortlich mit Stoffen und Materialien und Produkten umzugehen, ist ganz entschieden deutlicher ausgeprägt als noch vor einigen Jahren.
Verpacken-aktuell.de: Herr Polster, wir bedanken uns für das Gespräch!
(st)