Eine Einschätzung
Standbeutel in der Verpackungsindustrie
Quelle: Henno Hensen
1962 ist der Standbeutel als Doy-Pack von den Brüdern Doyen in Frankreich patentiert worden. Bis zum Beginn des Erfolges von, durch und mit Capri-Sonne Ende der 60er Jahre war er ein unbedeutendes Packmittel und als Packung für Flüssigkeiten kaum bekannt. Als das Patent 1980 auslief, hatte der einzige Lizenznehmer, die Wild Gruppe in Heidelberg, wichtige Schritte zum Schutz der eigenen Marke eingeleitet: Nun ist der 200 ml Capri Sonne Beutel in Verbindung mit Fruchtsaft ein weltweit geschütztes Geschmacksmuster und Markenrecht.
Unter der Regie von Wild wurde das Packmittel zu einer weltweit erfolgreichen und typischen Getränkeverpackung, sie erhielt zunehmend mehr Convenience-Eigenschaften und wurde unter ökonomischen Gesichtspunkten bis in kleinste Detail auf Kosteneffizienz getrimmt. Der Patenschutz, den die Wild-Gruppe bis heute genießt, wird auch weiterhin verteidigt.
Quelle: Henno Hensen
Quelle: Henno Hensen
Überall auf der Welt ist Capri-Sonne zu finden und wenn eine Lizenz an ein weltweit auftretendes Unternehmen vergeben wird wie Kraft Foods, dann kann das auch mal bei entsprechenden Mengen und guten Konditionen zu einem neuen Namen wie Kool-Aid und Tang führen, der dann aber stets dem Schutz des Geschmacksmusters unterliegt und deshalb auch in der Größe und Form der Packung sowie dem Inhalt unverändert bleibt.
Henno Hensen legt in seinem Beitrag dar, wie auch andere Marktteilnehmer versuchen, sich die Möglichkeiten des Standbodenbeutels zu Nutze zu machen - mit sehr unterschiedlichen Erfolgen. Dennoch wächst sein Einsatzgebiet ungebrochen.
Quelle: Allied Development Corp.
Worin liegt das Geheimnis dieses Zuwachses?
Der Autor führt aus, dass die zunehmende Beliebtheit der Standbodenbeutel in den verschiedenen Märkten und Anwendungsbereichen vor allem durch zunehmende Standardisierung erreicht werden konnte - Standards senkten die Kosten und machte es auch dem Marketing leichter, diese Art der Verpackung durchzusetzen.
Der Standbodenbeutel hat den außergewöhnlichen Vorteil, dass er in seiner Form dem Inhalt angepasst werden kann, was dem Marketing unvergleichliche Möglichkeiten zur Unterscheidung seines Produktes gibt. Nicht das Etikett der Dose ist das einzige Unterscheidungsmerkmal am POS sondern das gesamte Kleid des Produktes kann wirken.
Hinzu kommen die unterschiedlichsten Barriereeigenschaften der Folie, die dem Marketingmanager noch einmal einen zusätzlichen Strauß an Unterscheidungsmerkmalen geben, bis hin zu einem Fenster, um das Produkt zu zeigen.
Je mehr individuelle Aufgaben die Verpackung leisten soll (entsprechend des Füllgutes, der Marketingvorstellungen, der nationalen Besonderheiten etc.), desto geringer ist die Chance auf größtmögliche Standardisierung, was der weiteren Verbreitung des Standbodenbeutels im Weg steht.
Quelle: Henno Hensen
Mangelndes Fachwissen erweist sich nach Aussagen des Autors inzwischen als zusätzliche Hürde für die Verpackungsform: Für den optimalen Einsatz, der alle Forderungen der gesamten Lieferkette berücksichtigt, bedarf es auch des entsprechenden Know-hows auf allen relevanten Ebenen (Folie, Druck, Anwendungsgebiet/Produkt, technisch-maschinelle Umsetzung). Oftmals sehen sich Entscheider ob der unterschiedlichsten Lösungswege eher verwirrt, denn richtig informiert.
Nicht nur das Wissen um Folie, Druck und die Vielfalt in der Formgebung muss beherrscht werden, sondern auch die Einflüsse des Produktes auf das Packmittel bei seiner Herstellung und Verbringung in die Packung, sind ebenso eine Wissensnotwendigkeit. Gleichfalls ist der permanente Kontakt zu den verschiedenen Anbietern von Füll- und Verpackungsmaschinen stets zu aktualisieren, um dieses Packmittel erfolgreich verkaufen zu können. Hinzu kommt noch der Wiederverschluss für den Beutel, der eine zusätzliche Anforderung an die Wissensbasis des Verkäufers stellt.
"Nicht hinreichendes Fachwissen und der kommerzielle Druck führt bei den vielfältigen Möglichkeiten häufig zu Entscheidungen, die dem Produkt im Beutel nicht gerecht werden. Jeder der Marktteilnehmer verfolgt vorwiegend seine eigenen Interessen, weshalb es immer wieder zu Fehlentwicklungen kommt, die der Gesamtheit dieser Packungsform nicht zuträglich sind," gibt Henno Hensen zu bedenken.
Im letzten Kapitel seines Beitrags zeigt er gangbare Wege auf, die richtige Lösung zu finden. Henno Hensen: "Wenn sich ein Produkthersteller für eine Flüssigkeitsverpackung im Standbodenbeutel entscheidet, muss es ihm gelingen, die Argumente, die ihm anbieterspezifisch gegeben werden, von den wirklichen Notwendigkeiten seines Produktes zu trennen. Er darf sich keinesfalls nur vom Preis leiten lassen, sondern muss verschiedene Ausgießer, verschiedene Folien, verschiedene Beutel- und Folienhersteller nebeneinander stellen, wie auch die Druckverfahren und Fertigungstoleranzen vergleichen und diese in Zusammenhang bringen mit den produktspezifischen Anforderungen für das Produkt in seinem Hause."
Die zweite Innoform Standbeutel-Konferenz in Wiesbaden am 23./24. November 2010 in Kooperation mit Henno Hensen bietet die Möglichkeit, die Wissensbasis für Entscheidungsträger zu erweitern und auch neutrale Berater zu finden, die in diesem Feld sachgerechte Unterstützung geben können.
* Henno Hensen, Hensen Consult. Beratung für flexible Verpackungen, Bremen; der Autor ist Mitglied der INNO Net Partners. Das vollständige Papier kann unter www.innoform.de nachgelesen werden.
(st)