Spezialisten für das Warten aufs Christkind
Quelle: Robatech
Seit 1904 verkürzen Adventskalender kleinen und großen Kindern das Warten auf Weihnachten. Damals erschien der erste gedruckte Adventskalender in der Münchner Lithographischen Kunstanstalt von Gerhard Lang. Dieser hatte als Kind angeblich seine Mutter ständig gefragt, wann nun endlich Weihnachten sei. Daher nahm sie Kästchen, legte Plätzchen hinein und versah sie mit Nummern. So war schon die Idee zu den süßen Überraschungen geboren, lange bevor der erste mit Süßwaren gefüllte, industriell hergestellte Kalender auf den Markt kam.
Ein hochwertiger Adventskalender besteht heute in der Regel aus vier Teilen. Drei davon, nämlich Spiegel, Oberteil und Unterteil, sind aus Karton. Die Sortiereinlage besteht aus einem kunststoffgezogenen Tiefziehteil. In der Weiterverarbeitung wird der Spiegel mit dem Tiefziehteil verklebt, was dem Kalender zusätzliche Steifigkeit verleiht und verhindert, dass die Überraschungen aus den Türchen in die Zwischenräume fallen. Schließlich müssen gerade Lebensmittel während Lagerung, Transport und Verkauf optimal geschützt sein.
Bei der colordruck Baiersbronn W. Mack GmbH & Co. KG beginnt bereits im Juli die Weihnachtszeit. Adventskalender spielen hier eine besondere Rolle: Das Familienunternehmen hat 2010 mehrere Hunderttausend der vorweihnachtlichen Freudenbringer für verschiedene Kunden bedruckt, gestanzt, verklebt und befüllt, davon ein Großteil Sonderanfertigungen. Hier setzt das Verpackungsunternehmen als einziges deutschlandweit auf eine vollautomatisierte Produktion. Damit die Leckereien nicht aus ihren Türchen purzeln und die Kalender den Transport gut überstehen, nutzt colordruck ein Herstellungsverfahren, das sie besonders stabil macht.
Mit speziellen Verfahren prüft colordruck zusätzlich die Qualität der Kalender: Stimmen die Farben? Sind die Stanzungen zu schwach, so dass sich die Türchen nur schwer öffnen lassen? Oder zu stark, dass eine freche Naschkatze sie unbemerkt öffnen und den Inhalt stibitzen könnte? Zum Einsatz kommen unter anderem densitometrische und spektralphotometrische Messungen sowie Waagen, die das Gewicht jedes einzelnen Kalenders überprüfen.
Gefragtes Know-how
Quelle: colordruck
Die Sorgfalt zahlt sich aus. „Unsere Reklamationsrate für Adventskalender liegt weit unter dem marktüblichen Durchschnitt“, erklärt Herbert Klumpp, Geschäftsführer bei colordruck. Die Losgrößen reichen von kleinen Auflagen bis zu mehreren Hunderttausend Kalendern pro Auftrag. Zum Kundenkreis zählen denn auch namhafte Unternehmen aus der Süßwarenindustrie. „Schon auf der ISM Ende Januar dreht sich bei uns vieles um Weihnachten“, ergänzt Klumpp. „Denn je früher der Handel seine saisonalen Aktionen startet, desto früher sind wir Verpackungs-spezialisten gefordert.“
Die vollautomatische Produktion bei colordruck schließt die Konfektionie-rung ein. Dieses Konzept ermöglicht es, sämtliche Arbeitsgänge bis zum fertigen Produkt nach Baiersbronn auszulagern. Das Verpackungs-material muss nicht mehr zur Konfektionierung verladen und transportiert werden, sondern wird vor Ort im Packaging Service Center (PSC) zusammengebracht. Tiefziehteile lassen sich im PSC automatisch weiter verarbeiten unter einwandfreien Hygiene- und Sicherheitsbedingungen. Das PSC wird beispielsweise konstant gekühlt, damit temperaturempfindliche Produkte wie Süßwaren keinen Schaden nehmen. Die Befüllung der Kalender übernehmen die Roboter einer Pick and Place-Anlage. Ob Naschereien, Spielzeuge oder sogar Kosmetika, nahezu alles kann in den Kalendern untergebracht werden.
Sensorische und funktionale Anforderungen
Quelle: Robatech
Seit letztem Jahr verfügt colordruck über eine grosse Pick & Place-Anlage der Gerhard Schubert GmbH, Crailsheim, die das Herzstück des PSC ist und auf der auch Adventskalender für die August Storck KG hergestellt wird.
Mit der Anlage besteht die Möglichkeit, verschiedene Arbeitsschritte komplett inline auszuführen und damit besonders schnell und kosteneffizient zu arbeiten. Beim Adventskalender werden die zugeführten Kartonzuschnitte zuerst aufgerichtet und die Tiefziehteile automatisch eingelegt. Der „Picker“ verteilt danach die angelieferten süssen Produkte gleichmässig in den Trays. Zum Schluss wird das Deckelteil aufgebracht und alle Teile werden miteinander verklebt. „Unser Kerngeschäft ist die Herstellung von Verpackungen aus Vollkarton. Adventskalender wurden bisher zum grossen Teil im Ausland in Handarbeit befüllt. Mit der Pick&Place-Anlage bieten wir unseren Kunden nun die Möglichkeit, unter Beibehaltung unserer Kernkompetenz, von der Verpackungsentwicklung und der Produktion, über die Konfektionierung bis zur Distribution in die einzelnen Handelskanäle, einen Komplettservice anzubieten“, erklärt Marion Haist, Projektleiterin bei colordruck.
Die Pick&Place-Anlage der Gerhard Schubert GmbH verfügt über acht Roboter und 16 Zuführstrecken. Zur Anlage gehören zudem drei Klebstoffauftragssysteme „Concept“ mit insgesamt über 20 SX-Auftragsköpfen für einen präzisen Raupen- und Punktauftrag, die von der Robatech AG, Muri (CH), entwickelt und hergestellt wurden. „Die Anlage ist hochautomatisiert. Schon kleinste Details können zur Unterbrechung der Produktion führen. So müssen beispielsweise die Kartonzuschnitte exakt produziert sein und auch der Klebstoff muss zahlreiche Anforderungen erfüllen“, sagt Haist. Da der Geschmack der Produkte nicht durch die Verwendung von Schmelzklebstoff beeinträchtigt werden darf und jede sensorische Beeinträchtigung ausgeschlossen werden muss, dürfen für den Adventskalender nur die von der August Storck KG freigegebenen Klebstoffe verwendet werden, die vorher in einem unabhängigen Institut auf Unbedenklichkeit getestet und freigegeben wurden. Neben den sensorischen musste der Klebstoff zudem auch die funktionalen Voraussetzungen erfüllen. Die Schwierigkeit bestand hier darin, dass nicht nur Karton mit Karton, sondern auch Karton mit Kunststoff verklebt werden sollte und der ausgewählte Klebstoff eine sehr schnelle Leimbindung aufweisen musste.
Testreihe mit allen Beteiligten
Um Überraschungen bei der späteren Produktion auszuschliessen, fanden bereits im Vorfeld umfangreiche sensorische Haltbarkeitstests in den Technikräumlichkeiten der Robatech AG in Muri statt. Dafür wurden alle Süßwaren, die in die 100 Test-Kalender integriert werden sollten, von der August Storck KG nach Muri verbracht. Die einzelnen Karton- und Kunststoffteile stellte colordruck zur Verfügung. Robatech, die Partnerin der Gerhard Schubert GmbH in Fragen der Auftragstechnik ist, unterstützte die Testreihe mit ihrem langjährigen Know-how. In einer zweitägigen Gemeinschaftsarbeit unter Mitwirkung der Projektleiter der Gerhard Schubert GmbH, der Schweizer Robatech AG, der deutschen Tochtergesellschaft Robatech GmbH, der August Storck KG sowie von colordruck wurden mindestens 100 Adventskalender gefaltet und in möglichst industrienahen Verfahren geklebt, befüllt und verschlossen. Dabei wurde insbesondere zur Erhöhung der Haltbarkeit der Verklebungen kein Aufwand gescheut. Marion Haist lobt die grosse Unterstützung der Robatech AG bei der Durchführung der Testreihe und somit bei der Realisierung des Projekts. „Das betrifft nicht nur das Know-how und das Netzwerk im Bereich der Klebstoffaufbringung, das uns zur Verfügung gestellt wurde, sondern auch die hervorragende Organisation und die Flexibilität bei der Durchführung.“