VERPACKEN-AKTUELL

Informationen aus der Verpackungsbranche

Lösungen für zeitgerechte Verpackungen - Sperrschichten entstehen auf vielen Wegen (Teil 1)

Folie folgt Funktion

09. November 2011, von Susanna Stock

Der Verbraucher goutiert längere Haltbarkeiten, die Industrie und der Handel ebenso - die Verpackungen müssen schädliche Einflüsse immer zuverlässiger und länger von Lebensmitteln fernhalten.

Quelle: Brückner

Anlässlich einer gemeinsamen Tagung von SKZ (Würzburg) und Innoform (Osnabrück) beleuchteten zahlreiche Referenten die Anforderungen an und Möglichkeiten mit Sperrschichtfolien für Lebensmittelverpackungen. Unter der Leitung und Moderation von Dr. Johannes Bergmair (OFI, Wien) verfolgten die Teilnehmer aus Lebensmittel-, Verpackungsindustrie und Maschinenbauunternehmen den Themenreigen, der von neuen Additiven und Biopolymeren bis hin zu plasmagestützten, neuen Barriereschichten für dreidimensionale Behälter gespannt war.

Das anspruchsvolle Programm, das den Referenten erlaubte, tief in die jeweilige Materie einzusteigen, verdeutlichte einmal mehr, dass es gute Gründe für die Lebensmittelindustrie gibt, funktionale Schichten und Folien mit leistungsstärkeren Sperrwirkungen in ihre Verpackungsplanung einzubeziehen: Die Forderungen von Handel, Verbrauchern und nicht zuletzt den Gesetzgebern nach sicheren Lebensmitteln mit garantierten Haltbarkeiten werden immer lauter vorgetragen. Kunststoffverpackungen sind bereits heute sehr leistungsfähig, doch bei steigenden Haltbarkeitszeiten für verarbeitete Lebensmittel stoßen die bekannten Verpackungssysteme an Grenzen, die es zu überwinden gilt.

Additive, wie zum Beispiel Sauerstoffscavenger als Teil des sogenannten "active packaging", helfen, einem der Hauptprobleme zahlreicher Nahrungsmittel, dem Einfluss von Sauerstoff, zu begegnen. In seinem Vortrag "Sauerstoff Scavenger für Folien und Tuben" stellte Torsten Clasen, Albis Plastics, die jüngsten Entwicklungen des Hauses auf diesem Gebiet vor. Die in Form von Masterbatches gefertigten Additive für den direkten Lebensmittelkontakt in Kunststoffverpackungen basieren auf Eisen und reduzieren zum Beispiel den Sauerstoffgehalt einer Verpackung im Kopfraum. Hinzu kommt, dass sie den Effekt von eventuellen Mikrolöchern minimieren und die Sauerstofftransmissionsrate (OTR) von passiven Barrieren kompensieren. Im Einsatzbereich bei Tuben tragen die Scavenger dazu bei, die OTR von Schweiß- und Siegelnähten und den Tubenschultern zu kompensieren.

Darstellung einer TDO-(Transversal Direction Orienter)Anlage zum Folienrecken von Brückner.

Quelle: Brückner

Das letztlich verfolgte Ziel beim Einsatz dieser Additive lautet: längere Haltbarkeit der Füllgüter. Mit Shelfplus O2 3200, basierend auf PA6, stellt Albis Plastics in diesem Jahr ein neues Masterbatch vor, das eine Kombination aus passiver Barriere und aktivem Sauerstoff Scavenger darstellt - das PA6 nimmt Wasser auf, daher benötigt Shelfplus O2 eine gewisse Wassermenge in der Verpackungsumgebung, um wirksam zu werden. Es trägt dazu bei, dass keine zusätzliche aktive Funktionsschicht in eine Verpackungsfolie eingebaut werden muss und ist vorrangig für flexible Verpackungen mit einer hohen Durchstossfestigkeit konzipiert. Das Masterbatch ist für Lebensmittelverpackungen gedacht, die eine Haltbarkeit von ca. 1-3 Monate gewährleisten sollen. In derzeit verfolgten Entwicklungen befasst sich Albis Plastics auch mit Scavenger-Varianten für PET sowie für Polypropylenfolien für Sterilisationsprozesse.

Aus einer anderen Richtung geht die Maschinenbaufirma Brückner auf das Ziel leistungsstarker Sperrschichtfolien entgegen. Mit dem Verstrecken von Folien entstehen Lösungen, die zu Barrierefolien unterschiedlicher Leistungsdimensionen - bis zu Ultrabarrierefolien - führen. Dr. Stefan Seibel, Brückner-Gruppe, stellte in seinem Vortrag die verschiedenen Maschinenkonzepte des Hauses vor. Eine der Entwicklungsrichtungen zielt darauf ab, Mehrschichtfolien (transparent oder opak) zu erzeugen, die schon mit wenigen Schichten extrem gute Sperrwirkungen gegenüber Sauerstoff oder Wasserdampf bieten.

Nachhaltigkeit mit neuen Schichten

Während heute noch EVOH als "die" Barriereschicht für viele Anwendungen gilt, zielen zahlreiche Entwicklungen auf alternative Materialzusammensetzungen in den Verpackungsfolien ab. Markus Schmid, Fraunhofer IVV (Freising), stellte in seinem Vortrag Biopolymere als neue Barriereschichten für Lebensmittelverpackungen in den Mittelpunkt: Proteinbasierte Barriereschichten für den Thermoformprozess und das Thema Barriereoptimierung durch nanoskalige Oberflächenfunktionalisierung sowie Anwendungsbeispiele.

Nahrungsmittel binden mehr Ressourcen als Verpackungen

"Um dem Trend ganzheitlicher Produktbetrachtung gerecht zu werden, versucht die Industrie durch Materialreduktion und/oder -substitution umweltfreundlichere und damit nachhaltige Verpackungen zu produzieren," führte M. Schmid aus. "All diese Aktivitäten leisten aber nur dann einen Beitrag zur Nachhaltigkeit, wenn sichergestellt ist, dass der Schutz des verpackten Gutes gewährleistet ist. Dies leitet sich aus der Tatsache ab, dass der Wert der eingetragenen und gebundenen Ressourcen im Nahrungsmittel wesentlich höher ist, als der in dessen Verpackung. Ein Produktverlust, der durch ungeeignetes Verpackungsmaterial entsteht, führt somit zu einer höheren CO2-Emission als durch Materialeinsparungen kompensiert werden könnte. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die oberste Prämisse bei der Entwicklung und Anwendung von neuen "nachhaltigeren" Verpackungskonzepten der ausreichende Produktschutz ist. Somit liefert eine Materialreduktion nur dann einen Beitrag zur Nachhaltigkeit, wenn der Produktschutz gewährleistet bleibt.

Anforderungen an Lebensmittelverpackungen: Das Leistungsspektrum typischer Polymere für Kunststoffverpackungen mit Blick auf Ihre Durchlässigkeiten ist groß - die Werte sind normiert auf einer Materialdicke von 100 µm.

Quelle: Fraunhofer IVV

Eine weitere Möglichkeit, die Nachhaltigkeit bei Verpackungssystemen zu verbessern, stellt die Materialsubstitution dar. Hierbei werden u.a. petrochemisch basierte und nicht biologisch abbaubare Materialien durch sogenannte Biopolymere ersetzt. Zwar können Biopolymere in Bezug auf die mechanischen Eigenschaften den gesamten Bereich der konventionellen Folienwerkstoffe vollständig abdecken, doch deren Barriereeigenschaften sind noch stark eingeschränkt. …Aus diesen Gründen wird in Forschungsprojekten daran gearbeitet, die Barriereeigenschaften von Biopolymeren für die Anwendung in Verpackungen für sensible Lebensmittel zu verbessern," so Markus Schmid einleitend zu seinem Vortrag, der zunächst die nanoskalige Oberflächenfunktionalisierung betrachtete.

Im Rahmen des EU-Projektes "FlexPakRenew" haben sich zehn Projektpartner u.a. mit der nanoskaligen Oberflächenfunktionalisierung beschäftigt. Ziel des Projektes, das zwischen 2008 und 2011 durchgeführt wurde, war die Entwicklung eines innovativen und ökoeffizienten, flexiblen Packstoffs aus nachwachsenden Rohstoffen (50-90 g/m2), der geringe Permeabilität gegenüber Wasserdampf und Sauerstoff wie auch gegenüber Fett und Aromastoffen aufweisen soll.

Über die Weiterentwicklung des Vakuumbedampfungsverfahrens mit Al, SiOx und Al2O3 wurde hierbei die Wasserdampf- und Sauerstoffbarriere von vorbeschichtetem Papier deutlich verbessert. Des weiteren arbeitete das Fraunhofer IVV im Rahmen dieses Projektes an der Entwicklung antimikrobieller Beschichtungsformulierungen z. B. mit Zusatz von Benzoesäure oder Sorbinsäure, um Lebensmittel länger vor mikrobiellem Verderb zu schützen.

Initiiert durch die gemeinsame Projektarbeit ergab sich parallel zu dem Projekt "Flexpakrenew" eine enge Partnerschaft zu der Firma BT3-Technologies im französischen Meylan, für die das Fraunhofer IVV auf dem Gebiet der Oberflächenhydrophobisierung (chemical grafting) die Grundlagenforschung betrieb.

Die Beschichtung von Papier mit Fettsäure durch "chemical grafting" führt zu deutlich besserer Wasserdampfbarriere.

Quelle: Fraunhofer IVV

Sehr kurz dargestellt hat das Projektteam aufgezeigt, dass der Einsatz von Fettsäuren und chemical grafting zu sehr guten Barriereleistungen führt: Am Beispiel einer Zellglasfolie, beschichtet mit PVOH und der Oberflächenhydrophobisierung sind deutliche Verbesserungen bezüglich der Wasserdampfbarriere zu erzielen.

Weiterhin stellte Markus Schmid das Projekt "Wheylayer" vor (Wheylayer: Molkeproteine für Barrierefolien, Nachhaltige Verpackung durch Folienbeschichtung aus Molkeprotein). 14 europäische Partner aus Milchindustrie, Forschungseinrichtungen, Verpackungsindustrie und Recyclingwirtschaft sowie Maschinenbauer verfolgten das Ziel einer Entwicklung von Molkeprotein-beschichteten Kunststofffolien, um

  • nicht nachwachsende und teure Beschichtungsmaterialien zu ersetzen,
  • die Rezyklierbarkeit von Materialverbunden zu verbessern,
  • die Barriereeigenschaften (z.B. von MAP Verpackungen) zu optimieren und
  • die Haltbarkeit von Lebensmitteln zu verlängern.

Angestrebte Barriere (Q100):

  • OTR: < 2 [cm3 (STP) / (m2 d bar)]
  • WVTR: < 20 [g / (m2 d)]
Proteinbasierte Barriereschichten für den Thermoformprozess: Hier ist eine 20 µm dicke Schicht des Molkeproteins ("Wheylayer) in eine PVC-Folie (100 µm) eingearbeitet - das Bild zeigt die Schichtdicke des beschichteten PVC-Bechers am Boden.

Quelle: Fraunhofer IVV

Durch innovative Formulierungsentwicklung und Modifikation können maßgeschneiderte Eigenschaften (wie Kratzbeständigkeit, Transparenz, Oberflächenbeschaffenheit nach mechanischer Beanspruchung) sowie hervorragende Barriereeigenschaften generiert werden, welche die oben genananten Ziele sogar übertrafen. Durch Optimierung des Beschichtungs- und Trocknungsprozesses kann ein Materialaufbau zum Beispiel mit PE/Kleber/Wheylayer/PET so gestaltet werden, dass die Molke-Barriereschicht im späteren Recyclingprozess "abgewaschen" und sauber von der PET-Schicht getrennt werden kann.

Schließlich stellte Markus Schmid zusätzliche Untersuchungen zu den thermoplastischen Eigenschaften von Molkenprotein- basierenden Barriereschichten (internes Fraunhofer IVV Projekt) vor:

  • Proteinbasierte Barriereschichten für den Thermoformprozess
  • Thermoformeigenschaften von Molkenprotein basierenden Barriereschichten
  • PVC dient als Substrat
  • Messung der Sauerstoffdurchlässigkeit von unbeschichteten PVC Bechern und mit Molkenprotein beschichteten PVC Bechern
  • Untersuchung der Thermoformeigenschaften der Molkenprotein basierenden Barriereschichten in Abhängigkeit der Lagerdauer

Zusammenfassend erklärte Markus Schmid:

Der Proteinfilm aus Molke bietet hervorragende Barriereeigenschaften gegen Sauerstoff und Feuchtigkeit, ist thermoformbar, kann natürliche antimikrobielle und antioxidative Wirkstoffe enthalten, ersetzt konventionelle Polymerschichten durch ein Naturprodukt, verringert den Eintrag von CO2 in die Atmosphäre und schont Ressourcen und verbessert die Rezyklierbarkeit von Verbundmaterialien.

In seinem Vortrag über "Moderne Thermoformprozesse" stellte Dr. Manfred Reichert, Mitglied der InnoNET Partners, die besonderen Eigenschaften dieser mit Wärmeübertragung arbeitenden Prozesse und ihre Wirkung auf Folien dar. verpacken-aktuell wird dieses Thema gesondert darstellen.

Dass es auch im Bereich des Sperrschichtmaterials EVOH Weiterentwicklungen gibt, bewies Didier Houssier, Kuraray-EVAL. Mit der EVAL-Variante SP482B stellt der Hersteller ein neues Barrierematerial vor, das besonders auf die Anforderungen des Thermoformverfahrens ausgerichtet und damit für MAP-Verpackungen geeignet ist. Damit zielt EVAL auf die Hersteller von Fleisch, Käse, Pasta etc. Das neue Material kann laut Hersteller bei einer Vielzahl von Verformungsvarianten eine gleichbleibende, sichere Barrierewirkung aufweisen. Aus einer Mehrschichtkonstruktion aus PS/EVOH/PE können Schalen mit einem Tiefziehfaktor von 0,5 bis 1,5 mit unterschiedlich großen Oberflächen geformt werden, die alle die gleichen Sauerstoffbarrieren aufweisen.

Lesen Sie Teil 2 nächste Woche

(st)

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