Verpackungstechnik auf der Anuga FoodTec
An der Schnittstelle zwischen realer und digitaler Welt
Quelle: Koelnmesse
Schutz des Inhalts und attraktive Präsentation am Point of Sale: Diese beiden primären Forderungen an Verpackungen werden heute um diverse weitere Eigenschafts- und Leistungsforderungen ergänzt. Die Verpackung soll viel mehr leisten: Sie muss intelligent und interaktiv sein. Sie soll zum Beispiel die Verfolgung der Waren entlang der gesamten Lieferkette ermöglichen, Fälschungen entlarven helfen, sichtbar machen, ob eine Verpackung schon einmal geöffnet war oder anzeigen, ob die Kühlkette unterbrochen wurde. Schließlich soll sie es ermöglichen, neue Wege der Markenkommunikation zu beschreiten und mit dem Verbraucher in Interaktion zu treten. Antworten auf diese vielfältigen Anforderungen wollen Aussteller auf der Anuga FoodTec geben, wenn ab 27. März vorrangig die Lebensmittelbranche zu dieser Messe nach Köln eingeladen wird.
In diesem Special stellen wir für Sie eine Auswahl an Ausstellervorberichten rund um Verpackungsthemen zusammen. Bezüglich der Messe selbst kommt der Besucher dann um ein Thema sicher nicht herum:
Der Verbraucher als Informationsjäger
Rasant verbreiten sich zur Zeit QR-Codes: in Zeitschriften, auf Plakatflächen, aber auch auf Verpackungen. Immer mehr Markenartikler und der Handel nutzen mittlerweile den zweidimensionalen "quick-response"-Code. Hat der Verbraucher ein Mobiltelefon mit eingebauter Kamera oder ein Smartphone, kann er damit den auf die Verpackung gedruckten Code einscannen. Die Geräte verfügen über eine Software (App), die den Code entschlüsselt und direkt auf die entsprechende Website des Herstellers weiterleitet, wo der Konsument weitere Informationen findet. Der begrenzte analoge Raum auf einer Verpackung wird so virtuell erweiterbar: QR-Codes auf dem Vormarsch, Produktsicherheit und Mehrwert für Endverbraucher.
"Kochblockaden auflösen" ist beispielsweise das erklärte Ziel von Frosta, einem Hersteller von Tiefkühlprodukten. Das Unternehmen druckt den QR-Code auf eine Vielzahl von Tiefkühlgemüse-Verpackungen. Der Verbraucher kann dann mit seinem Smartphone über den Code eine Mikrosite anwählen, wo er beispielsweise Rezeptideen findet. Praktischerweise kann er so auch gleich beim Einkaufen fehlende Lebensmittel besorgen. Doch damit nicht genug: Ganz im Sinne der Interaktivität und Vernetzung kann der Verwender eigene Rezeptideen einstellen und Schnittstellen zu sozialen Netzwerken wie Facebook.
Die Verpackung als interaktiver Genussverstärker
Quelle: Koelnmesse
Eine andere Zielgruppe hat Coca-Cola im Visier. Gemeinsam mit dem Dosenhersteller Ball Packaging Europe, will der Getränkehersteller die Getränkedose als Link zwischen Musik und Erfrischung nutzen. Die Dosen werden mit einem QR-Code bedruckt, über den der Verbraucher mit dem Mobiltelefon eine direkte Verbindung zum Coke Musik Portal herstellt. "Die Getränkedose spricht damit gleich mehrere Sinne des Verbrauchers an - Schmecken, Hören, Sehen - und wird so zum multimedialen, interaktiven Genussverstärker", sagt Gerlof Toenhake, Direktor Marketing bei Ball Packaging Europe.
QR-Codes werden jedoch nicht nur zur Markenkommunikation eingesetzt. Der Druckmaschinenhersteller Heidelberg hat eine Technologie zum Schutz vor Produktpiraterie entwickelt. Dabei werden die Produkte mit Sicherheitsetiketten versehen. Diese bestehen aus einem aus Kupferfäden zufällig erstellten Muster sowie einem dazu gehörenden individuellen QR-Code. Die Kombination dieser beiden Bausteine auf dem Produkt selbst oder dessen Verpackung sorgt für hohe Fälschungssicherheit und generiert für jedes einzelne Produkt eine eindeutige Identität, vergleichbar mit dem menschlichen Fingerabdruck. Mit einer speziellen Mobilsoftware (App) können die gekennzeichneten Produkte per Smartphone einfach vom Endverbraucher auf ihre Echtheit überprüft werden.
Aber nicht nur die Markenartikler, auch der Handel nutzt den QR-Code. So baut der Lebensmittel-Discounter Netto die QR-Codierung seiner Produkte aus. Nachdem alle abgepackten Obst- und Gemüse-Artikel ausgezeichnet sind, wird nun auch das Frischfleisch mit dem QR-Code ausgezeichnet. Der Kunde erhält per Smartphone Informationen über Herkunft, Qualität, Nährwert, oder Rezepte. Weitere Schubkraft hat die Verbreitung der QR-Codes durch die EHEC-Krise und andere Lebensmittelskandale erfahren. Hier zeigt sich, wie schnell sich eine Technik durchsetzen kann, wenn sie relativ unkompliziert und günstig einsetzbar ist.
Funk-Etiketten oder RFID-Tags (Radio Frequency Identification) eignen sich heute aufgrund ihres Preises noch nicht für den Massenmarkt. Dies kann sich bei sinkenden Preisen schnell ändern, denn die RFID-Technik hat das Potential, den Barcode zu ersetzen. Die Radiofrequenztechnik ermöglicht die berührungslose Identifikation, Steuerung und Verfolgung beliebig vieler Waren über die gesamte Wertschöpfungskette von der Produktion bis hin zum Verbraucher. Schon heute werden Verpackungen von hochpreisigen Produkten mit integrierten RFID-Tags als Schutz vor Produktpiraterie und Diebstahl produziert.
Neu entwickelt: RFID plus Sensor
Das Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM, Freiburg, geht einen Schritt weiter und hat spezielle RFID-Tags entwickelt, bei denen Sensoren im Etikett integriert sind. Dadurch kann beispielswiese die Einhaltung der Kühlkette mittels Temperatursensoren kontrolliert werden. Bei einer anderen Variante messen Gassensoren die Konzentration von Ethylengas, das bei vielen Obstsorten Rückschlüsse auf den Reifegrad zulässt.
Die Verpackung wird also multimedial und vernetzt Hersteller, Handel und Verbraucher. Einen Wermutstropfen gibt es aber, denn ganz ausgereift und stabil funktionierend scheint die schöne neue Verpackungswelt noch nicht zu sein: Eine Untersuchung von GS 1 (eine weltweite Organisation, die globale Standards zur Verbesserung von Wertschöpfungsketten gestaltet) und die Beratungsfirma GapGemini zeigt, dass die Produktinformationen häufig nicht valide sind. Über 90 Prozent der Informationen, die britische Marktforscher über das mobile Barcode-Scanning erhalten haben, waren nicht korrekt oder unvollständig. Und wie reagieren die Verbraucher? 38 Prozent der Befragten würden das Produkt nicht kaufen, wenn sie den Daten nicht vertrauen können, die sie über ihr Smartphone abrufen. Hier sind also noch weitere Hausaufgaben zu machen.
Gesundheitsbewusstsein schiebt Entwicklungen an
Auch wenn es mitunter noch mit der Technik hapert und einige Kinderkrankheiten kuriert werden müssen, das Wachstum bei intelligenten Verpackungen wird dadurch nicht aufgehalten. Insbesondere die organische und gedruckte Elektronik bietet vielversprechende Potentiale, die Verpackungswelt zu verändern. Der US-Marktforscher MarketsandMarkets schätzt, dass der weltweite Umsatz mit intelligenten Verpackungen im Zeitraum 2010 bis 2015 um jährlich 8,2 Prozent auf rund 24 Milliarden USDollar steigen wird. Nordamerika ist dabei, mit einem Marktanteil von 35 Prozent, der größte Abnehmer für aktive und intelligente Verpackungen zu werden. Der gesundheitsbewusste Verbraucher stellt immer höhere Anforderungen an Lebensmittelsicherheit. Dies dürfte der weiteren Verbreitung von intelligenten Verpackungen speziell in den Bereichen Molkereiprodukte, Fleischwaren, Geflügel und Fertigmahlzeiten zusätzliche Impulse geben.
(st)