VERPACKEN-AKTUELL

Informationen aus der Verpackungsbranche

Show-Room und Erlebniswelt? Das Einkaufen der Zukunft

Verpackung der Zukunft, Teil 2

19. September 2012, von Larissa Laternser

Je transparenter der Hersteller Informationen zur Verfügung stellt, desto positiver der Eindruck beim Kunden.

Quelle: Ball Packaging Europe

Der Einkaufszettel ist weg, das Portemonnaie liegt zu Hause - alles kein Problem mehr im Supermarkt der Zukunft. Denn die Einkaufsliste ist im Handy gespeichert und zum Bezahlen reichen Fingerabdruck oder Smartphone. Was sich im ersten Moment noch nach ferner Zukunft anhört, ist teilweise schon real: Handelsketten und Forscher testen derzeit in Supermärkten den Einsatz mobiler Web- und intelligenter Kassensysteme. Zweifellos werden moderne Technologien und damit einhergehend veränderte Erwartungshaltungen der Kunden das Einkaufen von morgen bestimmen. Das wird nicht ohne Auswirkungen auf die Rolle der Verpackung als Kaufanreiz bleiben. Im zweiten Beitrag unserer Serie "Verpackung der Zukunft" wagt Larissa Laternser einen Blick in die Einkaufsgewohnheiten der Zukunft.

Die Umsätze der Händler verlagern sich immer mehr ins Internet. 2010 generierte der Online-Handel über stationäres und mobiles Internet laut einer Erhebung von tns infratest 18,3 Milliarden Euro Umsatz, 2011 waren es bereits 21,7 Milliarden. Der Kunde will seinem Kaufimpuls nachgeben können - dank Smartphone jederzeit und überall.

Wie kann der klassische Einzelhandel oder Supermarkt unter diesen Voraussetzungen überhaupt noch bestehen? Für den Verkaufsraum der Zukunft gibt es verschiedene Visionen. Klar ist, dass der Konsument mittlerweile immer "on" ist, Produkt- und Preisinformationen stehen dank Smartphone ständig zur Verfügung. Nicht nur die oft im Fokus stehende junge Zielgruppe informiert sich laufend und will bespaßt werden, auch die Senioren sind für den Handel attraktive - und zunehmend interaktive - Kunden.

Ganz im Trend

"Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die komplette Vernetzung auch unsere alltäglichen Einkaufsgewohnheiten verändern wird, prognostiziert Autorin Larissa Laternser.

Quelle: Ball Packaging Europe

Allen aufgezeigten Visionen ist gemein, dass ihnen die Verknüpfung von Online- und Offline-Realität zugrunde liegt und das Mobile Web die entscheidende Rolle spielt. Denn Smartphones schaffen eine nie dagewesene Transparenz für Verbraucher in Bezug auf Produktinformationen und Preise. Zugleich bieten sie dem Händler neue Möglichkeiten der Kommunikation mit den Kunden, natürlich dienen sie auch als Display.

Dies unterstreicht auch die Studie "Trends im Handel 2020" der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und des EHI Retail Institute: Jeder dritte Kunde erwartet demnach, in den kommenden Jahren immer häufiger zum Smartphone zu greifen, um sich beim Einkauf über das entsprechende Produkt oder den Preis zu informieren.

Dieser Wunsch nach mehr Transparenz passt zu den Megatrends, die das Zukunftsinstitut in Kelkheim, das 1997 von Matthias Horx gegründet wurde, definiert hat. So spielen unter anderem Gesundheitsaspekte und ökologisches Bewusstsein künftig eine immer größere Rolle. Mit Apps wie dem kostenlosen Barcode-Scanner Barcoo kann der Kunde bereits heute eine Lebensmittelampel oder Nährwertaufstellung abrufen. Damit erfährt er, ob zum Beispiel Eier von Produzenten stammen, die in den Dioxin-Skandal verwickelt waren. Zudem erhält der Verbraucher zusätzliche Angaben zur Lieferantenkette und die Herkunft eines Produkts sowie weitere Informationen zu einem Nachhaltigkeitssiegel.

Je transparenter der Hersteller diese Informationen zur Verfügung stellt, desto positiver der Eindruck beim Kunden. Eines ist auf jeden Fall klar: Das Netz und die Community sammeln Informationen und stellen diese bereit. Warum also nicht mitarbeiten und bestehende Kanäle effizient nutzen?

Wer eine beliebige Getränkedose scannt, kann heute sehen, wie z.B. Verpackungshersteller nachhaltig informieren können. Hinzu kommt der demografische Wandel: Da der Anteil an Älteren in der Gesamtbevölkerung steigt, sind Technologien gefragt, mit denen auch sogenannte "Best Agers", das heißt, Verbraucher über 50 Jahre, gut informiert werden. Auf mobilen Endgeräten wie Smartphones, Tablets oder Displays an Einkaufswagen können Produktangaben entsprechend groß dargestellt oder sogar mit bestimmter Software vorgelesen werden.

Die Zukunft beginnt jetzt

Wer eine beliebige Getränkedose scannt, kann heute sehen, wie z.B. Verpackungshersteller nachhaltig informieren können.

Quelle: Ball Packaging Europe

Da der Kunde mittlerweile nahezu alle Produkte problemlos im Internet bestellen kann und das auch tut, muss sich der Verkaufsraum der Zukunft als Erlebnisraum gestalten, der den persönlichen Besuch des Kunden mit Mehrwert belohnt. Aber wie könnte das konkret aussehen?

Bevor die Verbraucher überhaupt in den Laden gehen und etwas kaufen, testen sie zunächst online das gewünschte Sportgerät oder informieren sich über Lebensmittel und Getränke und erstellen eine digitale Einkaufsliste. Im Laden angekommen zeigt ihnen diese, in welchem Regal sich die Ware befindet. Kundenbetreuer mit mobilen Tablet-Geräten stehen zudem bereit, um die Vorteile eines Produkts gleich am Point-of-Sale (POS) visualisieren zu können und bei Bedarf direkt abzukassieren - so verschmelzen Online- und Offline-Realität miteinander. Diese Vision ist bereits Realität. Ob bei Apple oder im "real Future Store" im nordrhein-westfälischen Tönisvorst z.B., einzelne Elemente werden endlich auch von deutschen Händlern getestet. Die Metro Gruppe zeigt Entwicklungen wie beispielsweise den RFID-Chip (radio-frequency identification) auf Ware der Frischetheke, um den Abverkauf von frischem Fleisch und Fisch in Echtzeit verfolgen zu können und just-in-time nachzulegen.

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RFID bestimmt den Laden

In der Logistikkette ist die RFID-Technologie bereits etabliert: So dient sie beispielsweise im Wareneingang der besseren Kontrolle der angelieferten Transporteinheiten oder ermöglicht die Produktverfolgung über die komplette Supply Chain. Auch beim Einkaufen der Zukunft wird sie eine große Rolle spielen. Das elektromagnetische Funketikett kann in Form eines kleinen Transponders an jedem Produkt angebracht werden und enthält in Codes gespeicherte Informationen. Konnte man bisher mit dem Smartphone und Apps wie Barcoo über den Barcode z.B. einer Getränkedose die Produkt- und Umweltinformationen erfahren, wird die Verpackung dank RFID Chip nun automatisch Informationen an z.B. den Einkaufswagen senden. Auf dem dazu gehörigen Display erscheinen nicht nur Angaben zu Inhaltsstoffen und zur Ökobilanz der Getränkedose, gleichzeitig wird das Produkt auf der Einkaufsliste abgehakt und auf der Rechnung vornotiert.

Der Verbraucher kann mittels einer Kundenkarte seinen persönlichen Einkaufszettel speichern, während des Einkaufs wird dieser direkt auf dem Display des Einkaufswagens angezeigt. Der Wagen erstellt dann eine optimale Route und navigiert den Kunden durch den Supermarkt - RFID-Chips im Fußboden sei Dank. Damit weiß der Verbraucher jederzeit, wo er sich im Supermarkt gerade befindet und in welchem Regal das nächste Produkt, das auf der Einkaufsliste steht, vorrätig ist. Bislang ist diese komplett vernetzte Einkaufswelt aber noch reines Wunschdenken. Es bleibt jedoch nur eine Frage der Zeit: RFID-Chips sind noch etwas zu kostspielig, um sie tatsächlich an jedem Produkt anzubringen.

Schauraum für Produkte: Ganz ohne Raum

Andere Zukunftsvisionen sehen den Verkaufsraum nicht mehr als Ort, von dem tatsächlich Ware mitgenommen wird, sondern als reinen Ausstellungsraum. Produkte werden dort bestmöglich präsentiert - vielleicht sogar nur als Attrappen in ihrer Verpackung. Umso wichtiger wird hier die Verpackung als Aushängeschild der Marke.

Diese Variante des neuen Einkaufens hat die britische Supermarktkette Tesco in Südkorea erprobt: Um Verbrauchern den zeitraubenden Weg in den Supermarkt zu ersparen, wird die U-Bahn-Station zum virtuellen Marktplatz. Mit riesigen Plakaten, die aussehen wie reale Supermarkt-Regale, weckt das Unternehmen zunächst das Interesse der Pendler. Der unter jedem Produkt angegebene QR-Code gibt dem Verbraucher die Möglichkeit, diesen mit dem Smartphone sofort zu scannen und Zusatzinformationen zu erhalten. Einmal registriert lassen sich via Mobile Web die gewünschten Produkte dann ganz bequem bestellen. Mit dem Mobiltelefon bestätigt der Kunde, welches Produkt er in seinen virtuellen Einkaufswagen legen möchte und überwacht damit gleichzeitig, ob er sein Budget einhält. Am Schluss entscheidet er, ob er gleich über sein Handy oder doch lieber bar bezahlen möchte.

Das Konzept scheint aufzugehen: Aufgrund der Kampagne haben über 10.000 Konsumenten den Online-Auftritt des Unternehmensbesucht und die Zahl der registrierten Nutzer nahm um 76 Prozent zu. Der Online-Umsatz stieg sogar um 130 Prozent. Tesco hat es zudem geschafft, mit dieser Kampagne zum Marktführer im Online-Handel mit Lebensmitteln in Südkorea zu werden. Zwei Dinge wurden von regionalen Nachahmern nur teilweise beachtet: Wo macht die Art von Einkaufen Sinn (in Korea werden praktischer Weise die "toten" Wartezeiten an Haltestellen genutzt) und wie wird der Kunde angesprochen (Gestaltungsfläche der Verpackung nimmt eine übergeordnete Rolle ein, denn weder POS Werbung noch die haptische Differenzierung finden statt).

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Der selbstdenkende Kühlschrank

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis die komplette Vernetzung auch unsere alltäglichen Einkaufsgewohnheiten verändern wird. Beispielsweise ist denkbar, dass ein interaktiver Kühlschrank erkennt, wenn Produkte ihre Haltbarkeit überschritten haben oder aufgebraucht sind und diese automatisch auf unsere Einkaufsliste setzt. Markentreue bekommt in diesem Modell eine ganz neue Bedeutung - schließlich wird automatisch nur das gleiche Produkt vom gleichen Hersteller nachbestellt. Vielleicht führt das zu Markenprofilen, die das System automatisch nach unseren Gewohnheiten anlegt und auf Grund dessen Vorschläge für unseren Konsum macht, ähnlich wie es bei Google bereits jetzt Gang und gäbe ist. So wird bei einer Suchanfrage in Echtzeit eine Liste mit Wörtern gezeigt, die mit den eingetippten Buchstaben übereinstimmt und auch vorangegangene Abfragen mit einbezieht. Das Ganze hat Vor-und Nachteile: Die einen mögen es als Erleichterung bewerten, wenn Grundnahrungsmittel in Zukunft automatisch und ohne Aufforderung nachbestellt und direkt nach Hause geliefert werden. Für die anderen wird es sich eher wie die Entmündigung durch den selbstdenkenden Kühlschrank anfühlen.

Ich kaufe, was du kaufst

Der Kunde, der direkt am Supermarktregal Produktinformationen checkt, dem entgeht in der Regel auch nicht, wie andere Nutzer das Produkt bewertet haben.

Quelle: Ball Packaging Europe

Die sozialen Online-Netzwerke beeinflussen schon jetzt unsere Einkaufsentscheidungen: Empfehlungen von Facebook-Freunden machen auf ein bestimmtes Produkt aufmerksam oder man besucht ein Restaurant wegen guter Bewertungen auf Qype. Kaufentscheidungen werden auch am POS stärker durch die Meinung anderer beeinflusst. Der Kunde, der direkt am Supermarktregal Produktinformationen checkt, dem entgeht in der Regel auch nicht, wie andere Nutzer das Produkt bewertet haben. Auch Apps, die anzeigen, welcher Händler im Umkreis von einigen Kilometern ein gewünschtes Produkt auf Lager hat, beeinflussen unmittelbar die Kaufentscheidung. Gibt es in einer Filiale des Händlers A z.B. keine Cola-Dosen, weiß der Konsument spätestens am leeren Regal, wie lange er bis zur nächsten Filiale von Händler B läuft. Für die Händler bedeutet das eine große Transparenz, die aber nicht jeder bereit ist zuzulassen. Durch die mobilen Endgeräte verlagert sich zudem der Ort der Entscheidung: Statt daheim zu recherchieren und beispielsweise die Qualität eines Produkts zu prüfen, kann der Verbraucher das mittlerweile jederzeit und auch direkt im Laden, am POS, erledigen. Denn dank des mobilen Webs sind die Informationen immer und überall verfügbar.

Logistische Herausforderungen

Das Einkaufen der Zukunft verändert aber nicht nur den POS und die Einkaufsgewohnheiten der Kunden, sondern auch die dahinterliegende Logistik. Wenn der Verkaufsraum nur noch ein Schauraum ist, müssen die Waren an anderer Stelle gelagert werden. Da viele Produkte in Zukunft direkt nach Hause geliefert werden, braucht der Vertrieb ein engmaschiges, gut funktionierendes Netzwerk. Individualisierte Produkte machen die Nachfrage immer unberechenbarer, so dass schlanke Prozesse und Just-in-Time-Produktion an Bedeutung gewinnen. Und schließlich lernen die Waren selbst denken - im Internet der Dinge.

Über das Internet der Dinge und die künftigen Herausforderungen der Logistik berichten wir im dritten und letzten Teil unserer kleinen Serie "Verpackung der Zukunft".

Ball Packaging Europe

Ball Packaging Europe ist einer der führenden Getränkedosenhersteller Europas mit 2.800 Mitarbeitern und zwölf Produktionsstandorten in Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Polen und Serbien. Das Unternehmen ist eine Tochtergesellschaft der Ball Corporation, die hochwertige Metallverpackungen für die Getränke-, Lebensmittel- und Haushaltswarenindustrie herstellt. Darüber hinaus liefert die Ball Corporation Luft- und Raumfahrttechnik sowie andere Technologien und Dienstleistungen vorwiegend an die US-amerikanische Regierung. Die Ball Corporation und ihre Tochtergesellschaften beschäftigen weltweit mehr als 14.500 Menschen und erwirtschafteten 2011 einen Umsatz von über 8,6 Milliarden US-Dollar.

Die Autorin Larissa Laternser hat Medien- und Kommunikationstechnik in London und New York studiert und einen Master of International Business der QUT, Brisbane. Bei Ball Packaging Europe, einem der führenden Getränkedosenhersteller Europas, verantwortet sie als Manager Consumer Communications den Bereich Neue Medien.

Verpackung der Zukunft, Teil 1: Mittendrin statt nur dabei: Die interaktive Verpackung

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