Die richtige Verpackung braucht den aufgeklärten Verbraucher
Ist Mehrweg ein Auslaufmodell?
Quelle: Coca-Cola
Aktuell geht es durch die Medien: Coca-Cola baut den Vertrieb von Getränken in Einweg PET-Flaschen aus. Kritisch betrachtet wird diese Ankündigung mit den daraus resultierenden möglichen Verlusten von Arbeitsplätzen in der Recycling-Kette, sowie der anschaulichen Darstellung von Einweg-Leergut, um auf anfallende Müllmengen hinzuweisen.
All dies ist nicht verkehrt, entspricht aber nicht der differenzierten Betrachtung, die diesem Thema angemessen ist. Nostalgisch wird dann gerne an die Mehrweg Glasflasche erinnert und diese als Vorbild für eine wiederverwendbare Verpackungsform zitiert. Dabei ist die Glasflasche keineswegs so umweltfreundlich wie ihr Ruf. Denn die Kosten- und Ökobilanz einer jeden Verpackung ergibt aus mehreren Faktoren:
- Materialverbrauch
- Produktionskosten
- Transportkosten
Diese Kostenfaktoren haben alle Verpackungen gemeinsam — gleich ob Einweg oder Mehrweg. Da Mehrweg-Verpackungen stabiler ausfallen müssen, schneiden diese in der Regel in allen drei Faktoren schlechter ab. Hinzu kommen die Kosten für die Wiederverwertung:
- Annahmestellen
- Transportkosten
- Reinigungskosten
Quelle: Coca-Cola
Mehrwegverpackungen rechnen sich — nicht nur aus ökonomischen, sondern auch aus ökologischen Aspekten — erst dann, wenn die Kosten für den Recycling-Prozess geringer ausfallen als die für der Herstellungsprozess. Und, das ist wichtig: auch geringer ausfallen als die Herstellungs- und Transportkosten von Einwegverpackungen für den gleichen Verpackungszweck. Erst dann kann eine Kompensation der höheren Produktionskosten von Mehrwegverpackungen erreicht werden. Dabei muss weiter eine verpackungsspezifische Umlaufrate erreicht werden. Liegt diese bei Mehrweg-Bierflaschen beispielweise bei ca. 20 Umläufen, so kann diese im Gesamt-Resourcenverbrauch besser als Einweg-Lösungen abschneiden.
Die genaue Zahl der erforderlichen Umläufe hängt, aufgrund des hohen Verpackungsgewichts, stark von den Transportkosten ab. Mehrwegflaschen der heimischen Brauerei sind somit potentiell umweltfreundlicher als solche von weiter entfernten. Gleiches gilt für Mineralwässer.
Überall, wo es auf Gewicht (resp. Transport) ankommt, hat es die Glasflasche daher schwer. So sind die Verpackungshersteller in der Lage auch leichtgewichtige PET-Verpackungen für Bier und Wein anzubieten, was im Flugverkehr bereits genutzt wird. Ob der Kunde dies auch auf breiter Basis akzeptiert, bleibt fraglich. Gerade bei Wein mutet das gleiche Produkt aus der Glasflasche höherwertig an.
Auch stellt sich die Frage, was nach Ablauf der Lebensdauer einer Mehrweg-Verpackung mit dieser geschieht. Glas kann eingeschmolzen und erneut verwendet werden. Bei Kunststoff hängt dies vom jeweiligen Material ab. Wiederverwendung oder Zweitnutzung wie beispielsweise die Produktion von Fleece-Textilien sind möglich. Oft aber wird der Abfall auch völlig rücksichtlos weggeworfen und bereitet so global erhebliche Probleme (Marine Littering): Multiclientstudie zu Wiedereinsatz von Verpackungs-Kunststoffen.
Die unter den genannten Aspekten oft umweltfreundlichste Verpackungsform für Getränke stellt die Mehrweg PET-Flasche dar. Hier sind allerdings auch die Verbraucher gefordert, diese Verpackungform zu akzeptieren und sie auch wieder durch Abgabe dem erneuten Umlauf zuzuführen — ansonsten wäre die Nutzung von Einwegflaschen resourcen-schonender.
Hinzu kommt der Aspekt der Bequemlichkeit: wer für wenige Cent keine Lust auf den Weg zurück zum Supermarkt verspührt, greift lieber zu Einwegflaschen und wirft diese dann in die hauseigene Mülltonne; oder auf Reisen in irgendeine andere. Einweg ist also nicht immer schlecht, insbesondere dann, wenn eine alternative PET-Mehrwegflasche aus Bequemlichkeit zu früh weggeworfen wird und somit nicht die für eine positive Umweltbilanz erforderliche Umlaufrate erreicht.
Dies gilt nicht nur für Getränke, sondern für alle Verpackungen. Hierbei darf nicht vergessen werden, dass die Verpackung auch ein Produkt schützt, dessen Wert üblicherweise erheblich über dem der Verpackung liegt. Und zudem gerade im Lebensmittelbereich auch der Hygiene dient. Ein Aspekt, der bei den aktuell zunehmenden Gründungen von "Unverpackt-Supermärkten" eine detaillierte Betrachtung verdient.
Wir haben es als Verbraucher selbst in der Hand, durch aktive Entscheidung für umweltfreundliche Verpackungsformen dafür zu sorgen, dass diese sich auch durchsetzen. Die Industrie bietet die passenden Lösungen. Denn diese Industrie ist keine anonyme Institution, die ausschließlich rücksichtsloser Gewinnmaximierung fröhnt, wie es uns oft wahrgemacht werden soll, sondern hier arbeiten Mitbürger, die genau wie wir alle, den Wunsch nach umweltfreundlichen Produkten teilen — wir müssen sie nur situationsgerecht korrekt nutzen.
Multiclientstudie zu Wiedereinsatz von Verpackungs-Kunststoffen
5. International Marine Debris Conference in Hawaii
(kb)