VERPACKEN-AKTUELL

Informationen aus der Verpackungsbranche

Umsetzung der EU-Verordnung zur Erkennung gefälschter Medikamente kann zwei Jahre dauern

EU-Verordnung zur Erkennung gefälschter Medikamente

10. April 2017, von Susanna Stock

Matthias Paeslack kontrolliert den Verpackungsprozess von Aspirin™ Tabletten in der Produktionsanlage der Bayer Bitterfeld GmbH in Deutschland

Quelle: Bayer AG

Wer das Pro­jekt jetzt noch nicht ge­st­ar­tet hat, kann den 9. Fe­bru­ar 2019 fast nicht schaf­fen. Am Bei­spiel des Phar­ma­kon­zerns Bayer zeigt sich, warum Eile ge­bo­ten ist.

Auf dem deut­schen Markt gibt es laut Bun­des­in­sti­tut für Arz­nei­mit­tel und Me­di­zin­pro­duk­te rund 100.000 ver­schie­de­ne Me­di­ka­men­te. Etwa die Hälf­te da­von sind ver­schrei­bungs­pflich­tig. Bei ei­nem Jah­res­um­satz von 45 Mil­li­ar­den Euro wit­tern Pro­dukt­fäl­scher hier ein lu­kra­ti­ves Ge­schäft. Um Pa­ti­en­ten vor Scha­den zu be­wah­ren, müs­sen laut EU-Verordnung 2016/161 ver­schrei­bungs­pflich­ti­ge Arz­nei­mit­tel­pa­ckun­gen ab dem ers­ten Quar­tal 2019 als neue Si­cher­heits­merk­ma­le einen Ori­gi­na­li­täts­ver­schluss tra­gen so­wie mit ei­ner ein­deu­ti­gen Zu­falls­se­ri­en­num­mer ko­diert sein. So wie die meis­ten na­tio­na­len und in­ter­na­tio­na­len Phar­maun­ter­neh­men setzt auch die Bayer AG dazu auf die Stan­dards von GS1 Ger­ma­ny. Das Phar­maun­ter­neh­men hat früh­zei­tig be­gon­nen, sei­ne Pro­zes­se an­zu­pas­sen, um die An­for­de­run­gen frist­ge­recht zu er­fül­len. Den­noch liegt noch eine Men­ge Ar­beit vor dem ver­ant­wort­li­chen Pro­jekt­team.

Der zeit­li­che Fak­tor spielt eine ent­schei­den­de Rol­le. Al­lein für die Um­stel­lung ei­ner Ver­pa­ckungs­li­nie ver­an­schlagt Bayer 15 bis 18 Mo­na­te – von der Vor­be­rei­tung bis zum Pro­duk­ti­ons­be­ginn. Und um an ei­nem Stand­ort die al­ler­ers­te Li­nie aus­zu­rüs­ten, kommt noch mal ein hal­b­es Jahr dazu. Da bleibt nur noch we­nig Luft für Ver­zö­ge­run­gen, denn: „Am 9. Fe­bru­ar 2019 schlägt die Uhr, ab dann müs­sen Her­stel­ler ihre Pro­duk­te mit den ge­for­der­ten Si­cher­heits­merk­ma­len ver­se­hen. Das sind nur noch knapp zwei Jah­re und die Auf­trags­bü­cher der Dienst­leis­ter sind jetzt schon voll. Wer also nicht ris­kie­ren will, dass sei­ne Arz­nei­mit­tel ab An­fang 2019 nicht mehr auf den Markt dür­fen, muss so­fort han­deln“, er­klärt Jür­gen Schmitz, Lei­ter Ver­trieb und Bran­chen­ma­na­ge­ment bei GS1 Ger­ma­ny.

Grenzüberschreitender Ansatz gegen Fälschungen

„Als Phar­ma­her­stel­ler liegt es in un­se­rer Ver­ant­wor­tung, dass Pa­ti­en­ten je­der­zeit si­che­re und ver­läss­li­che Me­di­ka­men­te er­hal­ten. Um das zu ge­währ­leis­ten, set­zen wir wie vie­le an­de­re Her­stel­ler auf GS1 Stan­dards als zu­ver­läs­si­ge Kenn­zeich­nungs- und Iden­ti­fi­ka­ti­ons­lö­sun­gen für die Phar­ma­b­ran­che. Bis Ende 2018 wer­den wir den GS1 Da­ta­Ma­trix in ganz Eu­ro­pa ein­zu­füh­ren“, er­klärt Dr. Ste­fan Art­lich, ver­ant­wort­li­cher Pro­gramm-Manager bei der Bayer AG für den EU-Rollout. Für die Iden­ti­fi­ka­ti­on und Kenn­zeich­nung der Me­di­ka­men­te nutzt Bayer den GS1 Stan­dard Na­tio­nal Tra­de Item Num­ber (NTIN), der die deut­sche Phar­ma­zen­tral­num­mer (PZN) in­klu­diert. Die­se Ar­ti­kel­num­mer und wei­te­re Pro­dukt­in­for­ma­tio­nen wie die Se­ri­en­num­mer, das Min­dest­halt­bar­keits­da­tum und die Char­gen­num­mer wer­den im zwei­di­men­sio­na­len GS1 Da­ta­Ma­trix-Code ver­schlüs­selt. Eine spe­zi­el­le Se­ria­li­sie­rungs­ein­heit in je­der Ver­pa­ckungs­li­nie sorgt da­für, dass der Code in der not­wen­di­gen Pro­duk­ti­ons­ge­schwin­dig­keit auf­ge­bracht und di­rekt auf sei­ne Les­bar­keit ge­prüft wird.

Herausforderungen frühzeitig erkennen

Da­mit die Um­set­zung der Ver­ord­nung ge­lingt, müs­sen Un­ter­neh­men im Pro­jekt früh­zei­tig alle re­le­van­ten Un­ter­neh­mens­be­rei­che ein­be­zie­hen. Das zeigt ins­be­son­de­re das Bei­spiel Stamm­da­ten. Bayer hat die­se in der Pi­lot­pha­se zu­nächst de­zen­tral ohne Schnitt­stel­le zum zen­tra­len SAP-System ver­wal­tet. Doch bei mehr als 4.000 Pro­duk­ten, die für Eu­ro­pa künf­tig se­ria­li­siert wer­den müs­sen, ist die zen­tra­le und ak­tu­el­le Auf­be­rei­tung der Stamm­da­ten un­ab­ding­bar für ein stö­rungs­frei­es Ta­ges­ge­schäft. Denn eine wei­te­re An­for­de­rung der Ver­ord­nung ist es, die Pro­dukt­in­for­ma­tio­nen au­to­ma­tisch in die EU-Datenbank (EU-Hub) hoch­zu­la­den. Das Un­ter­neh­men stell­te da­her si­cher, dass alle In­for­ma­tio­nen im­mer auf dem ak­tu­ells­ten Stand sind und Än­de­run­gen an den Da­ten zeit­nah in den Hub ein­flie­ßen.

So­bald alle neu­en Pro­zes­se eta­bliert sind und die um­ge­rüs­te­ten Ver­pa­ckungs­li­ni­en wie­der in Be­trieb ge­nom­men sind, ist die Um­set­zung der EU-Verordnung ab­ge­schlos­sen – frist­ge­recht und re­gel­kon­form. Da­mit das so bleibt, hat Bayer die Mo­di­fi­ka­tio­nen in Pro­duk­ti­on, IT und Lo­gis­tik so ver­an­kert, dass sie lang­fris­tig auf die Ver­ord­nung ein­zah­len: Än­de­run­gen der Stamm­da­ten so­wie Pro­dukt- und Pro­zessan­pas­sun­gen las­sen sich fle­xi­bel ab­bil­den. Bayer ist da­mit für künf­ti­ge An­for­de­run­gen auch aus an­de­ren Län­dern des Glo­bus ge­wapp­net.

Zum The­ma Fäl­schungs­si­cher­heit von Arz­nei­mit­teln tref­fen sich Ex­per­ten und Key Player aus al­ler Welt vom 4. bis 6. April 2017 in Ber­lin auf der Glo­bal GS1 He­al­th­care Con­fe­rence. Dort be­rich­ten ne­ben Dr. Ste­fan Art­lich von Bayer wei­te­re Wis­sens­trä­ger über die Maß­nah­men und Er­fol­ge in punc­to Rück­ver­folg­bar­keit von Phar­ma­zeu­ti­ka vom Her­stel­ler bis zum Pa­ti­en­ten.

GS1 Ger­ma­ny un­ter­stützt Un­ter­neh­men al­ler Bran­chen da­bei, mo­der­ne Kom­mu­ni­ka­ti­ons- und Pro­zess-Standards in der Pra­xis an­zu­wen­den und da­mit die Ef­fi­zi­enz ih­rer Ge­schäfts­ab­läu­fe zu ver­bes­sern. Un­ter an­de­rem ist das Un­ter­neh­men in Deutsch­land für das welt­weit über­schnei­dungs­freie GS1 Ar­ti­kel­num­mern­sys­tem zu­stän­dig. GS1 Ger­ma­ny ge­hört zum in­ter­na­tio­na­len GS1 Netz­werk und ist nach den USA die zweit­größ­te von mehr als 110 GS1 Län­der­or­ga­ni­sa­tio­nen. Pa­ri­tä­ti­sche Ge­sell­schaf­ter sind das EHI Re­tail In­sti­tu­te und der Mar­ken­ver­band.

Quel­len die­ses Bei­trags u.a.: Bun­des­in­sti­tut für Arz­nei­mit­tel und Me­di­zin­pro­duk­te, Bun­des­ver­band der Arz­nei­mit­tel­her­stel­ler e.V.

(st)

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