VERPACKEN-AKTUELL

Informationen aus der Verpackungsbranche

Die Entwicklung der letzten Jahre mit Ausblick bis 2018

Neues vom Standbeutel

29. Juli 2014, von Henno Hensen

Henno Hensen von Hensen Consult.

Quelle: Henno Hensen

Im Vorfeld der kommenden 4. Europäischen Standbeutel-Tagung unter dem Titel „Von der Nische zum Main Stream?!“* hat sich Autor Henno Hensen erneut mit den Entwicklungspotenzialen dieses Verpackungstyps befasst und wagt einen Ausblick in die nähere Zukunft.

Ende 2010 habe ich die Entwicklung des Standbeutels von 1962 bis dahin mit einem perspektivischen Ausblick in die nahe Zukunft beschrieben. Heute möchte ich mich der inzwischen eingetretenen Realität dieser flexiblen und erfolgreichen Verpackungsart befassen und einen Ausblick bis 2018 vorstellen.

Entwicklung des Standbeutels

Inzwischen ist neben der bei Standbodenbeuteln dominanten Marke Capri-Sonne, die derweil auch mit einem wieder verschließbaren konturierten Beutel am Markt ist, der Tiernahrungsbeutel mit signifikant größeren Mengen in Erscheinung getreten. Der eine wird nach wie vor heiß abgefüllt, wo hingegen die Tiernahrungsbeutel „retort“ im Autoklaven verarbeitet werden.

Mit unglaublicher Dynamik und großen Mengenzuwächsen sind seit Anfang 2013 Beutel für Kindernahrung, Fruchtpürees und Energy Drinks in dieses Marktsegment eingetreten. In den USA belegt diese Produktgruppe inzwischen mindestens 40% der Regalfläche mit beiden Varianten der Verarbeitung. Alle sind Beutel mit Ausgießern, womit sich eine vormals teure und komplexe, aber verbraucherfreundliche Packung einen beachtlichen Marktanteil erobert und begonnen hat, diverse Glasverpackungsvarianten zu ersetzen. Hier wird deutlich, wie die Hersteller auf Kundenbedürfnisse eingehen und damit über große Auftragsvolumen für nun auch preiswertere Packmittel sorgen.

Dem Trend „on the go“ tragen wiederverschließbare Beutel Rechnung, sie erfüllen den Verbraucherwunsch nach mobilem Genuss. Auch dadurch kommt dem Beutel als flexibler und ökologisch vorteilhafter Packung mehr Bedeutung zu. Dies gilt insbesondere auch für kleinvolumige Packungen. Aber auch bei großen Volumen hat der Beutel seinen Markt gefunden, wie zum Beispiel bei Scheibenreinigern für PKW. Hier hilft ein Ausgießer, das Nachfüllen der Waschanlage erheblich zu erleichtern, ohne dass das Produkt verschüttet wird. Deshalb ist insbesondere der Ausgießer ein integrales Element des Beutels und wird damit zum wichtigen Bestandteil für den Verbraucher und die Verarbeitungstechnik.

Zwar sind immer noch Beutel ohne den Wiederverschluss für Getränke und Tiernahrung in der Überzahl, aber auch Capri-Sonne hat inzwischen den Vorteil des Wiederverschlusses erkannt und bietet den Beutel nun in einer attraktiven Form auch für den ökologisch sensiblen Verbraucher an.

Aktuelle Beispiele aus den Regalen: Capri Sonne als Klassiker sowie neu auch mit Ausgießer für Capri Sonne Schorly, Tiernahrung von Pedigree und ein Energy-Drink auf Apfelbasis.

Quelle: Hensen Consult

Der Vormarsch des Ausgießers und seine Herausforderungen

In meiner letzten Darstellung 2010 war an dieser Stelle noch kein Beutel mit Ausgießer zu sehen. Das hat sich aus den vorgenannten Gründen erheblich gewandelt. Zum einen sind die gestiegenen Mengen für eine Kostenreduktion dieses Bauteils verantwortlich und zum anderen wird dadurch die Fülltechnologie erheblich beeinflusst. Bisher ist das Füllen und Siegeln oder Formen/Füllen/Siegeln (FFS) im Fokus gewesen. Nun wird mit dem kleinen stabilen Teil an einem flexiblen Beutel die Verarbeitung vor nicht unerhebliche Probleme gestellt: Wie sicher ist FFS noch, wenn auch der Ausgießer eingesetzt werden muss und wie fülle ich den gefertigten Beutel – nun mit Ausgießer – auf einer Füll- und Siegelanlage sinnvoll? Bei der erhöhten Nachfrage nach Beuteln mit Wiederverschluss tritt vermehrt der Weg des Füllens und Verschraubens in den Vordergrund. Dies hat erhebliche technische Vorteile:

Beim Füllen von stabilen Behältern entsteht durch das Entweichen von Luft und durch das Eindringen der Flüssigkeit Schaumbildung. Deshalb muss bei aufgesetztem Füllventil auf dem Hals einer Flasche eine technisch aufwendige Ventiltechnik zumeist mit Unterspiegel-Füllung eingesetzt werden, welche auch das simultane Entweichen der Luft nötig macht. Fast ebenso problematisch ist das Füllen und Versiegeln von Beuteln. Auch hier tritt erhebliche Schaumbildung auf, was das sichere Versiegeln des Beutels verhindern kann. Diese Probleme treten bei einem (fast) luftleeren Beutel nicht auf. Es ist technisch einfacher und deshalb kostengünstiger. Trotz des kleineren Öffnungsdurchmessers, durch den der Beutel gefüllt und dann verschraubt wird, kann das Produkt mit hohem Druck eingefüllt werden.

Hierdurch hat sich eine neue Technologie für das Verarbeiten des Beutels entwickelt. Der Ausgießer benötigt nun am Hals eine technische Führung, um so eine einfache Zuführung zur Füllmaschine zu erreichen. Einige Packmittelhersteller liefern deshalb auch den Beutel auf einer U-Schiene, die dann mehrfach verwendet werden kann. Dieses zuerst in Japan eingesetzte System hat sich inzwischen in Europa, aber auch in Asien, Nord- und Südamerika durchgesetzt. Bei steigenden Mengen ist diese Art der Verarbeitung jedoch nicht unproblematisch.

Die Schienen müssen an den Hersteller zurückgeschickt werden, weil sie sonst kostenpflichtig sind. Der Ausweg aus diesem logistisch komplexen Weg liegt in der Einführung eines Systems, welches den Prozess des Einsetzens des Ausgießers der Füll- und Verschraubmaschine vorgeschaltet wird. Diesen Systemgedanken hat sich ein großes Pharmaunternehmen schon vor vielen Jahren zu eigen gemacht und nach Verarbeitung von vielen Millionen Beuteln erhebliche Kosteneinsparungen erreicht. Inzwischen ist die Technologie weiter vorangeschritten, mit der die Anschaffungskosten solch eines Systems erheblich reduziert wurden, höhere Leistungen erreichbar sind und eine große Prozessstabilität erzielt wird. All diese Gesichtspunkte erlauben es, dem Beutel mit Wiederverschluss eine verheißungsvolle Zukunft vorauszusagen.

Die Prognosen von Schönwald Consulting bestätigen diesen Trend mit Steigerungsraten je nach Produktgruppe von 10 bis 25 % pro Jahr. Betrachtet man den Großraum Europa, dann ergeben sich aus den erreichten Mengen in 2013 und den Prognosen bis 2018 erhebliche Kapazitäten an zu bauenden Maschinensystemen wie zuvor beschrieben. Das weltweite Wachstum ist noch größer, weshalb die gesamte Ausarbeitung von Schönwald Consulting eine „Bibel“ zur Entscheidung für Beutelinteressierte ist.

Verbrauchsangaben in Millionen Packungen für Europa. (Quelle: Schönwald Consulting)
Marksegmenteerreicht in 2013Prognose 2018CAGR (%)Steigerung gesamt (%)
Food, autoklaviert 2.790 4.040 7,7 44,8
Food, nicht autoklaviert 11.080 16.850 8,7 52,1
Tiernahrung, autoklaviert 8.200 10.420 4,9 27,1
Tiernahrung, nicht autoklaviert 1.880 2.920 9,2 55,3
Getränke 4.460 6.960 9,3 56,1
Non-food 2.570 3.770 8,0 46,7
Gesamtmengen in Europa 30.980 44.960 7,7 45,1
Beutel mit Ausgießer 5.700 9.800 11,4 71,9
Beutel ohne Ausgießer 25.280 35.160 6,8 39,1

Vergleiche zu früheren Untersuchungen ergeben, dass die Zahlen erheblich gestiegen sind und insbesondere die Zuwachsraten der Beutel mit Ausgießer in der erreichten Menge und in den Prognosen belegen, wie sich diese Produktgruppe zukünftig als Konkurrent kleinerer Packungsgrößen zur PET-Flasche und zum Milchkarton entwickeln wird.

Diese Zahlen sind mir mit Genehmigung von Schönwald Consulting zur Verfügung gestellt worden. Das betrifft auch die beiden Aufteilungen weiter unten. Die gesamte Studie ist ein Standardwerk für jedes Unternehmen, welches sich mit dem Beutel als Packmittel auseinandersetzt.

Der Blick in die Regale belegt diesen ungebrochenen Trend, der auch durch Kostenvergleiche zugunsten des Beutels in der Größe bis 300 ml belegt wird:

Kindernahrung in den USA, Heinz Ketchup in China, Waschmittel in der Schweiz und – ebenfalls in der Schweiz – ein Rotwein im Standbeutel von Migros.

Quelle: Hensen Consult

Hier eine Besonderheit aus China: Ecolean substituiert hier den klassischen Milchkarton mit einem Beutel mit attraktiven Luftgriff. Eine Entwicklung, die inzwischen von Hemme Milch in Norddeutschland auch häufiger im Regal zu sehen ist.

Daneben ein Beutel mit einer verspielten Form, der in China besonders die junge Generation anspricht.

Ecolean aus China zeigt, dass der Standbeutel auch den klassischen Getränkekarton für Milch substituiert. Daneben ein verspielt konturierter Beutel, der besonders junge Verbraucher in China anspricht.

Quelle: Hensen Consult

Auch wenn hier der Eindruck entsteht, dass ich den Fokus zu sehr auf China und USA lege, so ist es doch wichtig, den Blick nach draußen zu wagen: Die globale Vernetzung sowie die Entwicklung ausserhalb Europas scheint mir wichtig, weshalb trotzdem eine Vertiefung des Marktes in Europa nicht fehlen soll:

Die Anwendungsbereiche für Standbeutel in Europa derzeit.

Quelle: Schönwald Consulting

Laut Schönwald Consulting werden sich bis 2018 nur leichte Verschiebungen in den Segmenten ergeben, die Mengen aber wachsen deutlich.

Quelle: Schönwald Consulting

Was hat den Beutel gestärkt und was fehlt ihm noch?

Ende 2012 hat selbst die New York Times – nicht gerade eben bekannt für Beobachtungen der Verpackungsentwicklungen - in einem Artikel auf das enorme Wachstumspotential der Beutel aufmerksam gemacht. Das trägt jedoch dazu bei, dass diese Verpackungsart stärker in den Fokus des Verbrauchers rückt, und auch die ältere Generation auf diese Art des Konsums von Flüssigkeiten aufmerksam gemacht wird. Auch das erwähnte Beispiel des Nachfüllbeutels für PKW-Scheibenreiniger wird hervorgehoben, die einfache Handhabung des „kollabierenden“ Beutels ausdrücklich erwähnt. Diese Verpackungsart ist die leichteste am P.O.S. mit exzellenter Standfähigkeit.

Aus meiner Sicht fehlen dem System Beutel aber noch einige wichtige Entwicklungsschritte:

  1. Biologisch abbaubare Folie und Ausgießer mit guten Eigenschaften zum Siegeln und mit Barriere. Immer wieder wird dies materialseitig gefordert, ist aber nicht immer sinnvoll mit den notwendigen Eigenschaften einer Verpackung zu vereinigen. An oberster Stelle muss der Schutz des Produktes stehen, was beim derzeitigen Stand biologisch abbaubarer Kunststoffe für Beutel noch nicht erreichbar ist.
  2. Neben der biologischen Abbaubarkeit halte ich es für noch wichtiger, der Folie eine bessere Recyclingfähigkeit zu geben, ohne die Barriereeigenschaften zu vernachlässigen. Hier scheinen Untersuchungen zu laufen, wie dieses Ziel mit einer Folie aus Polyolefinen erreicht werden kann.
  3. Der zumeist aus PE oder PP gespritzte Ausgießer hat im Gegensatz zur heute eingesetzten Folie keine Barriere. Damit besteht die Gefahr einer optischen und geschmacklichen Veränderung des Produktes im Kopfbereich des Beutels, der sich bei längerer Lagerung auch weiter in das Produkt vorarbeiten kann. Dieser Umstand tritt besonders bei Produkten mit Anteilen von Apfel und Karotten auf. Einige Hersteller versuchen diesen Effekt mit innen liegenden Alu-Membranen zu lösen, was aber zur Komplexität und Verteuerung beiträgt. Es gibt allerdings Hinweise auf die Entwicklung der Einbringung einer Barriere in den Ausgießer. Solch eine Lösung würde dem Beutel für eine Reihe von Produkten gut zu Gesicht stehen.
  4. Das Einbringen eines stabilen Ausgießers in eine flexible Packung war stets eine Herausforderung, die bis heute zu beobachten ist. Dies schlägt sich in Leckagen, schlechterer Qualität, aber vorwiegend in Leistungsminderung eines Systems nieder. Auch hier sind Entwicklungen vorangeschritten, um Leistungssteigerung und Qualitätsverbesserung zu vereinen. Hierbei ist das Schweißverfahren mittels Ultraschall inzwischen so weit vorangetrieben worden, dass integrierte Systeme für Bereiche bis 250 Beutel/Minute erreichbar zu sein scheinen.
  5. Schlussendlich ist es bis heute noch nicht final gelungen, eine validierte Anlage zum aseptischen Verarbeiten eines Beutels mit Ausgießer zu finden, die mit ansprechenden Leistungen aufwarten kann. Zwar gab und gibt es immer wieder Hersteller, die davon berichteten, allerdings haben sowohl Wild und Bosch als auch Guala ihre Ankündigungen noch nicht bewahrheiten können.
  6. Ein großes Hindernis zum Einsatz des Standbeutels ist seine lange Lieferzeit. Das liegt an der Herstellung der Folien mit einem Zwischenlagendruck. Da nach der Druckvorstufe die PET-Folie innenseitig bedruckt wird, kann erst danach kaschiert werden, wonach das Aushärten stattfindet und der Zuschnitt der Rollen erfolgt. Dies summiert sich auf 4 bis 8 Wochen und kann bis zu +/- 10 % Mengenschwankungen mit sich bringen. Im Vergleich zum Beschaffen von Etiketten für eine Flasche innerhalb von maximal 5 Tagen ist das ein erheblicher Nachteil des Beutels gegenüber der Flasche. Hier ist der Digitaldruck und der Offsetdruck ein Mittel zur besseren Beschaffung. Beide Verfahren drucken auf die fertige Folie. Diese Entwicklung wird vorangetrieben und bringt dem Beutel erhebliche Vorteile. Kleine Mengen können schneller, mengenstabiler und preiswerter beschafft werden, wenn diese Entwicklung weiter erfolgreich vorangetrieben wird. Dies hat auch Vorteile in der Folienbeschaffung, die dann bei gleicher Beutelgröße in großen Mengen hergestellt werden und in kleinen Losgrößen nach Käuferverhalten kurzfristig bedruckt und geliefert werden kann.

Diese sechs Punkte scheinen mir aber zumindest in Stufen und in einigen Teilen auch kurzfristig erreichbar zu sein, was dem Beutel weiter auf seinem Erfolgsweg helfen wird.

* 4. Europäische Standbeutel-Tagung: Von der Nische zum Main Stream?! 15./16. Oktober 2014 in Osnabrück, Veranstalter Innoform Coaching

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